Mieses Spiel im Büro


Der Kollege wurde zum neuen Bereichsleiter befördert. Als die Teilzeitmitarbeiterin ihn um eine Stundenerhöhung ersuchte, redete er sich in Rage. Wer nur stundenweise arbeite, könne er als Chef nicht gebrauchen. Kurzerhand warf er sie aus der Firma. Vollkommen überrascht von der Entwicklung schlich die Mitarbeiterin aus dem Büro. Womit hatte sie das verdient, fragte sie sich.

Den Chef raushängen lassenMit einem sicheren Gespür für die Schwächen der ehemaligen KollegInnen hatte der Boss eine „Duftmarke gesetzt“. Keiner sollte glauben, nur weil er einer von „ihnen“ gewesen war, könnten sie sich besondere Freiheiten herausnehmen. Der Kolumnist Sascha Lobo ↗ hat das als „verbossen“ bezeichnet. Meist schon mit der Aussicht auf die Beförderung fängt der Chef in Spe an, die Kollegen mies zu behandeln. Ist er dann endlich der Vorgesetzte, wird das demokratische „Du“ durch das hierarchische „Sie“ ersetzt. Vollkommen überrumpelt von der Wandlung laufen die Ex-KollegInnen in das offene Messer. Weidlich wird das vom Neu-Chef ausgenutzt, um so seine Position zu festigen.

Miese Tricks lassen sich zwar nicht vermeiden, aber deren Schlagkraft lässt sich abmildern. Weil der Chef emotionale Angriffe fährt, wäre es ratsam, nicht ebenfalls emotional zu werden. Das wäre lediglich eine hochwillkommene Angriffsfläche.  Was einen Choleriker dagegen hilflos rasend macht, ist kühle Ratio, Fakten, scharfer Verstand. Die Teilzeitmitarbeiterin sollte nüchtern darlegen können, dass es genügend Arbeit für eine Stundenerhöhung gibt und ihre Arbeit unverzichtbar für das Team ist. Ein wenig arbeitsrechtliches Rüstzeug ist ebenso hilfreich – eine Kündigung aus einer Laune heraus steht juristisch auf wackeligen Füßen, Teilzeitmitarbeiter haben gesetzlich verbriefte Rechte. Doch vor allem sollte allen Neu-Untergebenen klar sein: Es geht dem Chef nur um sein eigenes Profil, nicht um den Menschen gegenüber. Der ist nur Mittel zum Zweck, einfach eine Figur auf dem Spielbrett seiner Karriereambitionen.

Wenn mir klar wird, dass es weniger mit mir als mit meinem Gegenüber zu tun hat, wie ich gerade behandelt werde, kann ich den Angriff leichter verdauen und auf kühle Abwehr setzen.

Ich leide übrigens auch an einer unheilbaren Krankheit, ich möchte dazu stehen und wäre froh, wenn Sie das drucken: EOA – Early Onset Asshole (früh einsetzendes Arschlochsein).

Der US-amerikanische Autor und Musiker Kinky Friedman im Tages-Anzeiger ↗, Zürich


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