„Ja, merken Sie denn nicht, dass mein Freund seit zwei Stunden Schmerzen hat?“ Die Krankenschwester war ob dieses Vorwurfs wie vor den Kopf gestoßen. Denn nicht nur der Ton machte die Musik, sondern auch diese herablassende Haltung brachte sie auf. Das könnte man doch auch ganz anders sagen, oder?
Krankheiten, besonders solche, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen, bringen jeden Menschen an die eigenen Grenzen. Die grundlegenden Charaktereigenschaften treten ungeschminkter hervor, da mildernde Gegenkräfte durch die Krankheit geschwächt sind. Das eigene Leid tritt stark in den Vordergrund, manchmal verbunden mit einer Opferhaltung: „(Nur) Ich bin so arm dran!“ Und alle anderen sind da, um (ausschließlich) mir zu helfen.
In Deutschland haben wir ein Gesundheitssystem, um das uns die meisten Menschen auf der Welt beneiden. Statt einer Kreditkarte lege ich eine Krankenkassenkarte vor und schon geht die Behandlung los. Pflegekräfte, Ärzte, medizinisches Gerät – all das steht mir zur Verfügung, ohne dass ich vorher meine Bank um einen Kredit anpumpen muss.
In diesem komplexen System namens „Krankenhaus“ habe ich trotz aller Fremdbestimmung durchaus Einflussmöglichkeiten. Es gibt gute und schlechte Zeitpunkte, um individuelle Bedürfnisse zu äußern. Ich kann vertrauen oder misstrauisch sein. Ich kann Humor bewahren oder ein Grantler werden.
Ich selbst habe letztens die Erfahrung gemacht, dass ich mit einem ehrlichen Lächeln und einer freundlichen Bitte in Leerlaufmomenten viel für mich erreichen, dass ich ein gutes Verhältnis zu Pflegern und Ärztinnen aufbauen und die notwendigen Einschränkungen auch mit Humor nehmen kann. Wenn schon Magensonde durch die Nase, dann auch „Törööh!“ Benjamin Blümchen. Wenn schon Infusionen, dann auch Tango mit dem „Best Buddy“ Infusionsständer. Schließlich geht es um meine Genesung und die wird mit Leichtigkeit mehr unterstützt als mit Griesgrämerei.
Ich habe keine Probleme – ich bin das Problem.
Ekki Talkötter aus der Krimiserie „Wilsberg“