Die Stewardess fragte den Fluggast höflich, ob er seinen Platz tauschen würde, damit ein Kind bei seiner Mutter sitze könne. Als er auf seinem Sitz bestand und sich völlig unkooperativ zeigte, bot die Flugbegleiterin dem danebensitzenden Gast ein Upgrade in die Business-Class an, um den benötigten Sitzplatz zu schaffen. Denn ein bisschen Rache ist doch erlaubt, oder?
Es gibt Situationen, in denen von allen Beteiligten ein gewisses Maß an Kooperationswillen gebraucht wird, um sie friedlich zu lösen. Kooperation heißt, mir ist an dem anderen Menschen gelegen, die Beziehung zu ihr/ihm ist mir wichtig. Dafür bin ich bereit, auch mal von meinen Interessen ein Stück abzurücken. So werden Kompromisse ausgehandelt: jeder gibt es etwas ab, in der Summe können alle mit der gefundenen Lösung leben.
Wenn nun eine Person kein Interesse an der Beziehung zu den beteiligten Personen hat und sich ganz und gar auf die Durchsetzung seiner eigenen Interessen konzentriert, sitzt sie am längeren Hebel. Denn Menschen, die ein harmonisches Miteinander anstreben, werden im Zweifel auf ihre Interessen verzichten – um des lieben Friedens willen – und nachgeben. Somit gewinnt eine Seite alles, die andere verliert.
Wer nur auf seine Interessen schaut, sollte sich bewusst sein, wer im Zweifel wirklich am längeren Hebel sitzt. Im Flugzeug ist das nicht der Fluggast, sondern das Personal und schlussendlich der Pilot. Die Flugbegleiterin erkannte sehr gut, dass es dem Fluggast nicht um eine gute Lösung für alle ging, sondern um seinen eigenen Vorteil. Vielleicht spekulierte er sogar darauf, selbst in die höherwertige Sitzklasse umziehen zu können, wenn er nur hoch genug pokerte. Doch das Blatt der Stewardess war eindeutig besser. Sie gewährte einem anderen die Privilegien, brachte Mutter und Kind zusammen und hatte sogar eine Lehre für den uneinsichtigen Gast parat. Denn schlussendlich spielte sie dessen Spiel mit: ihr war die Beziehung zu diesem Fluggast persönlich egal, sie verhielt sich professionell, korrekt und höflich, siegte so im Machtpoker und sorgte obendrein für eine Genugtuung.
Denn dass die umliegenden Passagiere alle breit grinsten, als sie das Geschehen mitbekamen, zeigt: auch wenn wir alle gerne edel, hilfreich und gut wären, so ein bisschen Rache braucht es wohl hin und wieder im Leben.
Rache ist eine Mahlzeit, die Leute von Geschmack kalt genießen.
Italienisches Sprichwort