„Warum geht das denn schon wieder nicht? Das darf ja wohl nicht wahr sein! Hallooo? Ich hab nicht mehr so viel Lebenszeit um auf Dich zu warten. Nee, machst Du immer noch nicht was ich will …“ Der Wüterich in mir hat gerade wieder einmal seinen großen Auftritt. Doch wenn ich abgedampft bin und mir vor Augen halte, was ich gerade für ein Theater gemacht habe, dann will ich mich am liebsten bei meinem wehrlosen Opfer entschuldigen. Aber wie leiste ich Abbitte bei meinem Drucker? Und warum hat er von mir gerade eine verbale Tracht Prügel abbekommen?
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie oft die Menschen über „die IT“ schimpfen? Die „bescheuerte Programmierung“, die „lahme Kiste“ und die Hotline sei auch keine Hilfe? Dann kennen Sie vielleicht diesen Film: die Sonne scheint, der Himmel ist blau und die Vögel zwitschern (Ich will eine Seite ausdrucken). Plötzlich jedoch gerät etwas aus den Fugen und ein Unwetter dräut am Horizont (Der Drucker meldet niedrigen Tintenstand und reinigt sich vor dem Drucken. Nach der Reinigung ist die Tinte alle). Der Himmel verdunkelt sich, Blitze zucken; Donner grollt und Regen prasselt nieder (Ich schiebe eine neue Kartusche ein und die Reinigungsprozedur beginnt von vorne, anschließend gibt es einen Papierstau). Der Himmel scheint sich gegen mich verschworen zu haben. Doch nach ein paar Minuten reißt die Wolkendecke auf, die Sonne bricht sich Bahn und der Regen hört auf (Die Seite liegt sauber gedruckt im Ausgabeschacht).
Hochnotpeinlich ist mir nun, wie aggressiv ich war. Ein selbstgerechter nach unten tretender Radfahrer, der den anderen entwertet. Denn der ist Schuld, ich stelle seinen angeblichen Fehler an den Pranger. Dabei kann er gar nichts dafür, dass er sich so verhält. Er ist nun mal so programmiert. Ich habe mir ein wehrloses Opfer gesucht, an dem ich meine Unzufriedenheit mit mir selbst auslasse.
Ich war schlichtweg überfordert. Ich wollte „nur mal schnell noch“ etwas ausdrucken. Ich habe es dazwischen geschoben, während ich ursprünglich dabei war, aufzuräumen. Weil aber nicht viel Zeit zum Aufräumen war, denn ich musste ja aus dem Haus und ich da merkte, ich benötige noch diese eine Seite bei dem Termin, zu dem ich wollte … Immer, wenn mich die Komplexität der Dinge überfordert und ich unter Zeitdruck gerate, werde ich zum Monster. Meine ganze Energie wird gestaut und entlädt sich an einem Sündenbock, der sich nicht wehren kann.
Ich könnte ja mal damit beginnen, eine Sache anzufangen und zu Ende zu bringen, bevor ich die Nächste beginne. Das reduziert nicht die Menge der Arbeit, aber ich hätte nicht mehr so viele lose Fäden angefangener Dinge in der Hand. Und weniger Grund, Abbitte leisten zu müssen bei jemandem, der nichts für meine Überforderung kann.
P.S. Wer mehr zu dieser Art der Kommunikation lesen will, kann dies in „Miteinander Reden, Band 2“ von Schulz von Thun machen, Seite 115 ff.
Vorschau
Eine schöne Tradition in chinesischen Restaurants ist es, dem Gast mit einem Glückskeks eine Lebensweisheit als guten Wunsch mit auf den Weg zu geben. Wie war ich erstaunt, als ich in meinem Keks die „Weisheit“ fand: „Liebe macht blind“. So ein Unsinn, dachte ich. Im Gegenteil: Liebe öffnet die Augen! Und warum in aller Welt enthält ein Glückskeks einen so frustrierenden Spruch? War dessen Bäcker vielleicht unglücklich verliebt? Mehr über Verblendung und genaues Hinschauen in Sachen Liebe und Partnerschaft lesen ab 17. Februar hier auf meinem Blog.