Wie man den Chef nach der Pfeife tanzen lassen kann


Das Team war klein und so war es selbstverständlich, dass jeder mal in der Kaffeeküche aufräumte. Doch eine Mitarbeiterin schaffte es, dass immer ein anderer für sie einsprang. Als auch ihre Privattelefonate überhand nahmen und sie anfing, Allianzen gegen andere zu schmieden, musste der Chef eingreifen. Aber an der Frau biss er sich die Zähne aus, denn sie hatte eine unschlagbare Art, ihn nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.

Manche Chefs tanzen nach der Pfeife ihrer MitarbeiterDie Mitarbeiterin war beharrlich, gewieft und ein Leben lang trainiert, ihren Vorteil zu finden. Wo sich schon die Mutter die Zähne ausgebissen hatte, würde es doch locker für den Chef reichen. Sie wusste ganz genau, was die betrieblichen Vereinbarungen zu Privatgesprächen hergaben. Diesen Spielraum nutzte sie bis zum äußersten Rand aus. Genauso verfuhr sie mit der Kaffeeküche. Sie saß in Ruhe aus, dass die Schmerzgrenze der Kollegen in Sachen Ordnung und Sauberkeit niedriger war als ihre. Das war zwar unsozial, aber legal. Schließlich spürte sie genau, dass es dem Chef zuwider war, jeden Vorgang verbindlich zu regeln, setzte er doch auf das soziale Miteinander.

Ohne klare Regeln konnte sie sich immer rausreden: Sie hätte nicht gewusst, was ihre Aufgaben seien. Kamen dann mal klare Anweisungen, unterstellte sie gleich einen Kontrollzwang. Und als er mal hart durchgreifen wollte, stellte sie sich einfach stur. Er war in einer Zwickmühle: denn fachlich war der Frau nichts vorzuwerfen. Das wusste sie und nutzte es weidlich zu ihrem Vorteil aus.

Sympathisch mag die Frau auf den ersten Blick nicht sein, aber da sie die vertraglich vereinbarte Leistung brachte, musste der Chef das Verhalten ansprechen, um eine Rebellion im Team zu verhindern. Mit einer Mischung aus ehrlicher Wertschätzung ihrer Qualitäten und klaren Regeln lässt sich höchstwahrscheinlich eher ein Tür zu Veränderungen öffnen als per „Order Mufti“. Diese Mischung zeigt gleichzeitig Respekt und klare Grenzen. Diese wird die Mitarbeiterin wahrnehmen und sich so weit wie nötig fügen. Auch wenn das für den Chef Selbstverständlichkeiten sind – für sie ist es eine Leistung, die er in einem zweiten Schritt idealerweise anerkennt. Das verstärkt die positiven Ansätze im Verhalten.

Wenn alle guten Worte nicht mehr helfen, bleibt nur noch die Trennung. Denn der Chef ist der Chef, nicht die Mitarbeiterin.

Wer aus der Position der zugeschriebenen Schwäche argumentiert, wird immer nur quengeln.

Sibylle Berg, schweizerische Autorin, Dramatikerin und Bloggerin


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