Die Diskussion hatte sich mittlerweile weit vom ursprünglichen Thema entfernt. Längst war die Gruppe in Spekulationen vertieft. Auch wenn es wichtig war, dass alle zu Wort kommen, wurde sie doch unruhig: Konnte das Ganze nicht mal ein bisschen schneller gehen?
In Märchen gibt es zwei zentrale Motive: auf der einen Seite gibt es eine*n kluge*n König*in, die/der die Streitigkeiten seines Volkes durch weise Entscheidungen schlichtet. Auf der anderen Seite gehen Menschen auf lange Reisen, um auf vielfach verschlungenen Wegen ein Rätsel zu lösen oder unter Gefahren einen Schatz zu finden. Als Belohnung winken ein Geliebter, eine Prinzessin oder gleich ein ganzes Königreich. Natürlich wünschen auch wir uns in unserer modernen Gesellschaft manchmal, dass kluge Führungsköpfe durch weise Worte den richtigen Weg weisen. Doch stattdessen irren wir oft genug orientierungslos durch das Dickicht von Themen, unfähig, eine eindeutige Entscheidung zu treffen.
Soll ein Thema umfassend in einer Gruppe betrachtet werden, kommen immer neue (oder immer wieder die gleichen) Argumente auf den Tisch. Die Problem-Hierarchie wird wild durcheinander gewirbelt und Patt-Situationen scheinen unausweichlich. Besonders Menschen, die ihr Leben „nachhaltig“ ausrichten wollen, müssen nach verschiedenen Kriterien ein Produkt oder eine Dienstleistung auswählen. Denn sie wollen, dass ihr Konsum möglichst geringe Folgen auf Menschen und Umwelt hat. Das kann zu einer frustrierenden Lähmung führen, weil es zu jeder positiven Seite immer auch eine negative gibt.
Das ist die große Stunde der Ungeduldigen, denen der Geduldsfaden reißt und die damit die gärende Unzufriedenheit offen sichtbar machen. Denn mitnichten sind sie die einzigen, die einen schnelleren Fortschritt haben wollen. Höflichkeit, Konventionen, Schüchternheit – das alles sind gute Gründe, um den Dingen ihren langsamen Gang zu lassen. Irgendwann einmal muss das nachsichtige Ertragen und Abwarten aber ein Ende haben und die Ungeduldigen nehmen die ganze Schuld auf sich, als voreilige Spielverderber zu gelten. Heimlich jedoch freuen sich viele, dass da jemand anderes das aussprach, was auch sie dachten und endlich zur Tat schreitet. Oft genug schieben sie dadurch Projekte voran, die sich sonst keinen Millimeter bewegt hätten.
Geduld ist eine gute Eigenschaft. Aber nicht, wenn es um die Beseitigung von Missständen geht.
Margaret Thatcher (1925 – 2013, erste weibliche Premierministerin des Vereinigten Königsreichs)