Der Job ist ein Tigerkäfig


Im Job hatte er meist Pläne, Protokolle und Projektzahlen zu bearbeiten. Seine Leistung fiel ab, die Krankheitstage nahmen zu. Der Chef plante, ihm den Stuhl vor die Tür zu setzen. Dabei war er doch kreativ, konnte gut mit Menschen und im Social Media Bereich ein Talent. Sah das denn keiner?

In der besten aller Arbeitswelten werden Menschen entsprechend ihren Talenten und Fähigkeiten eingesetzt. Jenseits dieser Utopie, in unserer gelebten Arbeitswelt also, gibt es neben dem „Peter Prinzip“ noch den „Tigerkäfig“. Das Peter Prinzip beschreibt, dass Menschen so lange in der Hierarchie aufsteigen, bis sie die Stufe ihrer eigenen Inkompetenz erreicht haben. Beispielsweise sind erfahrene Projektleiter*innen verblüffend oft schlechte Führungskräfte und operative Stars mit strategischen Planungen überfordert.

Den Tiger aus dem Jobkäfig lassenEng verwandt ist der Tigerkäfig, eine Wortkreation von mir selbst. Denn zu oft erinnern mich angestellte Mitarbeiter*innen an Tiger in den Käfigen alter Zoos, die unruhig hin und herlaufen und einfach am falschen Ort sind. Ihre ganze Geschmeidigkeit und Kraft ist zwischen Betonböden und Gitterstäben fehl am Platz. So gibt es auch in Unternehmen Menschen, die (übertragen gesprochen) wie Zuckerbäcker wahre Kunstwerke fertigen könnten, doch leider Tag für Tag graues Kommissbrot backen müssen. Die ihnen innewohnende Kreativität wird durch öde Alltagsroutine ausgebremst. Wortakrobaten müssen sich als Budgetcontroller abmühen statt Textfeuerwerke abzubrennen und operative Genies sollen menschlich und strategisch Abteilungen visionär antreiben, obwohl sie sich im Klein-Klein der Aufgabendetails viel wohler fühlen. Das kann für alle Beteiligten nur schiefgehen.

Zu oft wird in Organisationen das Problem dann mit der wirtschaftlich und persönlich schlechtesten Lösung angegangen: der Kündigung. Eine Kündigung kostet beim Kündigen Geld, bei der Suche und Einstellung der Nachfolger*in ebenso und für eine längere Zeit ist die Stelle wenig „performant“ (leistet also nicht den notwendigen Beitrag zum Unternehmensergebnis). Für die gekündigte Person kommen auch noch Selbstzweifel und Versagensängste in der Jobsuche hinzu.

Viel lohnenswerter wäre es, die Person auf eine Position umzusetzen, die ihren Fähigkeiten und Talenten entspricht. Die Zuckerbäcker in der betrieblichen Patisserie, die Zahlenjongleure im Controlling, die operativen Genies in Organisationsprojekten, usw. Womit wir bei der Utopie wären. Sie wird leider oft nicht Realität, weil es nun mal menschelt, wo Menschen zusammenkommen. Denn ist der Ruf erst ruiniert („Welch ein schlechter Graubrot-Bäcker dieser Zuckerbäcker doch ist!“), gibt es intern wenige Fürsprecher, um eine Umbesetzung in die Wege zu leiten. Schade eigentlich, denn sonst könnten die Menschen an den geeigneten Stellen für das Unternehmen so richtig Gas geben und den alten Esso-Werbespruch mit Leben füllen:

Pack den Tiger in den Tank!


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