Nach einem langem Hin und Herr riss dem Vorgesetzten schließlich der Geduldsfaden: „Das ist eine Arbeitsanweisung, keine Diskussionsgrundlage!“ Irritiert schaute ihn sein Mitarbeiter an: pflegte man in der Firma nicht einen kooperativen Führungsstil? Sein Kollege jedoch war erleichtert: endlich wusste er, woran er war und was er zu tun hatte. Ihm ging nämlich oft so, dass er nicht wusste, was man von ihm wollte. Damit steht er nicht alleine.
Was war die Welt doch früher angeblich so einfach: einer gab Befehle, die anderen führten sie aus. Glücklicherweise setzte sich in den letzten fünfzig Jahren jedoch die Erkenntnis durch, dass Teamarbeit, Kooperation und Integration der Mitarbeiter zu mehr Ideen, mehr Problemlösungen und mehr Effektivität in einer Firma führt. Seit dem gibt es keinen Seminarkatalog mehr ohne Schulungen zu „Erfolgreicher Teamführung“ und „Mitarbeiter einbinden, Verantwortung delegieren“.
Unglücklicherweise kam dabei die Klarheit unter die Räder, eine Situation entweder als (geschlossene) „Anweisung“ oder als (offene) „Diskussion“ zu bezeichnen. Aufträge und Appelle werden oft nicht mehr klar benannt, sondern in Fragen oder Worthülsen versteckt. Gerade in angelsächsisch geprägten Firmen kann eine Formulierung wie „Wir empfehlen, dies und jenes zu tun“ bei deutschen Mitarbeitern zu dem Eindruck führen, dass es hier tatsächlich eine Wahlmöglichkeit gibt. Gemeint ist jedoch: „Machen Sie dieses und jenes!“ Noch stärker tritt die Sprachverschiebung in sozialen Berufen aus. Erzieher oder Lehrer würden vermutlich nicht zueinander sagen: „Du machst das jetzt so und so!“, die Formulierung der Wahl wäre etwa „Meinst Du nicht auch, wir sollten das so und so machen?“
In der Folge können Stunden mit Diskussionen, Workshops oder Grübeleien vergehen, in denen sich Mitarbeiter ungewollt und nutzlos engagieren, um am Ende frustriert festzustellen: Dieser Einsatz war nie gewünscht, die erarbeiteten Ergebnisse wandern direkt nach der Präsentation in den Mülleimer, weil die Entscheidung schon längst getroffen war.
„Wenn eine ausführende Tätigkeit gefordert ist, dann sagen Sie es mir bitte!“ Das ist mein Wunsch und Appell an die Verantwortung des Vorgesetzten. Wenn es genau so gemacht werden soll, dann mache ich es genau so. Zu erkennen, dass ich (auch) einfach nach Anweisung arbeiten soll, kann mein Arbeitsleben erleichtern.
„Sollten Ihnen meine Aussagen zu klar gewesen sein, dann müssen Sie mich missverstanden haben.“
Alan Greenspan, (*1926, ehemaliger US-amerikanischer Notenbankchef, berühmt-berüchtigt für seine vagen Andeutungen)
Welche Füllworte und Abschwächungen im täglichen Sprachgebrauch lauern, lesen Sie in meiner Kolumne „Schicht für Schicht verschleiere ich meine Meinung“.