Vom Umgang mit egoistischen Selbstdarstellern


„Das ist ja alles ganz nett, was Sie sich da ausgedacht haben. Ich habe gestern mal kurz ein Konzept skizziert und der Vorstand hat es bereits abgesegnet.“ Wie vor den Kopf gestoßen war das Projektteam – monatelange Arbeit wurde mit einem Handstreich verworfen. Die Chefin hatte mal wieder einen großen Auftritt als Narzisstin. Wie können die Mitarbeiter ihr nur beikommen?

Die Geschäftswelt ist voll von Menschen, die sich immer in den Vordergrund spielen, zu allem immer das Richtige zu sagen haben, die die anderen klein machen und denen allgemein das Etikett „Kotzbrocken“ angehängt wird. Bedauerlicherweise finden sich solche Menschen in hohem Maße in den Führungsebenen der Firmen. Doch da gehören sie auch hin.

Der Narzisst tut größer als er istSo schwer es fällt: Narzissten sind in der Regel schlau (aber vielleicht nicht immer intelligent). Sie wissen die Gunst der Stunde zu nutzen – für sich und ihre Ziele. Dabei leisten sie mitunter Dinge, die als undenkbar oder unerreichbar gelten. Dass sie innerlich Getriebene sind, die wie Süchtige nach Lob gieren und auf ständigem Entzug leben, wissen sie gut zu verbergen.

Narzissmus speist sich aus dem Hunger nach Anerkennung. Narzissmus ist wie ein Krug, der ein Loch hat und der ständig mit frischem Wasser nachgefüllt werden muss. Ein Narzisst muss sich natürlich besonders präsentieren, um aufzufallen. Die Mehrzahl macht sich besonders groß und die anderen klein („Den besten hausgemachten Kaffee von New York bekommen Sie ja übrigens bei Grumpy’s in der 23. West zwischen 9. und 10. Avenue“). Es gibt aber auch die besonders Kleinen („Nein, nein, die Torte war doch nur ein einfacher kleiner Kuchen, gar nicht der Rede wert“). Beide haben das Ziel, mit einer bewundernden Replik eine Anerkennung zu bekommen, weil sie sich in Wirklichkeit ganz klein fühlen.

Der Königsweg ist unangenehm für das Umfeld. Der Anfang ist das Lob – Lob für eine tatsächlich erbrachte Leistung. Danach, wenn das Bedürfnis des Narzissten erfüllt ist, ist die Bereitschaft für Kritik viel eher gegeben, als wenn man damit gleich einsteigt. Gewürzt mit einer Prise Humor bricht das weiche Wasser aus Lob plus direkt angeschlossener Konfrontation mit den entstandenen Kollateralschäden den harten Stein der gnadenlosen Selbstdarstellung. Denn gnadenlos ist ein Narzisst nicht nur zu anderen, sondern auch und besonders gegenüber sich selbst. Dass Burn-out dabei eine sehr spezielle Form der Anerkennung ist, kann ihnen jeder Narzisst bestätigen.

„Mach Dich doch nicht so groß, so klein bist Du doch gar nicht!“
Hans Jürgen Wirth (* 1951), Psychoanalytiker und psychologischer Psychotherapeut


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