Networking mit 75+: Gemeinsam statt einsam im Alter


Weihnachten war es wieder voll bei ihr zu Hause. Die „Jugend“ war da, die Nachbarn von nebenan und von obendrüber und auch die neu gewonnenen Freunde aus dem Nachbarhaus. Renate hat es einfach drauf, Kontakte zu knüpfen und das bewahrt sie davor, trotz Rücken-OP und 76 Jahren schon im Altersheim zu landen. Wie sie und ihre Mitbewohnerin noch neugierig auf das Leben sind und auf Menschen zugehen ist mir ein Vorbild und ein Lehrbeispiel für das, was neudeutsch „networking“ heißt.

Gemeinsam im AlterEs sind rund 60 Stufen hinauf in ihre Wohnung, doch die beiden alten Frauen konnten sie schon seit Wochen nicht mehr alleine bewältigen und waren daher nicht mehr aus dem Haus. Da half auch kein Rollator und der Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt fiel ebenso aus wie der Restaurantbesuch zum Geburtstag von Renate. Renate ist kürzlich 76 geworden und sie lebt seit fast dreißig Jahren zusammen mit Emmi (der Meisterin auf dem Sofa) in einer WG. Nun haben diverse Malaisen „Die Damen“ (wie sie bei mir und vielen unserer Freunde mittlerweile heißen) stark in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Obwohl sie seit Wochen nicht einkaufen gehen können, mussten sie nicht in ein betreutes Wohnen oder gar ein Altersheim wechseln. Das ist Renate zu verdanken, die ganz große Klasse darin ist, „Erstkontakt“ zu schließen. Offen, freundlich, in bestem Sinne neugierig kommt sie mit den Menschen ins Gespräch: im Haus, in der Nachbarschaft, im Geschäft. Ihr Organisationstalent als ehemalige Chefsekretärin hilft ihr, die Dinge des Alltags zu delegieren, so weit sie delegierbar sind. Alles, was Renate dazu braucht, ist ein Telefon und ihr gutes Gedächtnis.

Rund ein Dutzend Menschen tun so jeder einen kleinen Teil dafür, dass Renate und Emmi versorgt sind: Nachbarn denken beim Einkaufen daran, Dinge für sie mit zu bringen. Putzhilfen, die schon nebenan helfen, machen Dinge im Haushalt, die sie nicht mehr tun können. Eine Pflegerin half vorübergehend bei der Körperhygiene, eine Physiotherapeutin übernimmt die Mobilisierung und der befreundete Taxifahrer fungiert ein bisschen als Außendienst.

„Unser Leben ist die Geschichte unserer Begegnungen“ ist ein Ausspruch von Anton Kner, einem deutschen Pfarrer und Schriftsteller. Renate verkörpert diesen Satz und mit Emmi an ihrer Seite, die auf ihre ruhige feine Art die Kontakte vertieft, lebt sie immer noch autonom dank ihrer Begegnungen.

Vorschau

„Erinnerst Du Dich noch“, fragte mich am Neujahrstag meine Frau, „früher war es Mode, per sms alles Gute zum neuen Jahr zu wünschen.“ „Vermutlich macht man das heute über Facebook“ antwortete ich. Sie merken: meine Frau und ich sind vor 1990 geboren und sind nicht bei Facebook. Was glauben Sie: haben wir trotzdem Freunde? Und falls ja: haben wir in den letzten fünf Jahren auch Neue gefunden? Lesen Sie die Antworten am 20. Januar hier auf meinem Blog.


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